Feuer und Eis Tour 2004
Nach einer 24 stündigen Auto Anreise erreichten wir Almeria, wo wir unsere Motorräder entluden und uns Tickets für die Abendfähre besorgten. Nach einer unspektakulären Fährfahrt landeten wir im morgendlichen Nador wo wir unser erstes Frühstück mit Nordafrikanischem Flair zu uns nahmen. Zügig ging es gen Süden in Richtung Midelt. Die Versteppung erfolgte rasch und am Strassenrand lagen immer wieder verlassene Kasbahs. Entgegenkommender Verkehr zwang uns zwischen Guercif und Missour gelegentlich von der nur mit einer geteerten Mittelspur versehenen Strasse. Das Wetter war leider etwas gegen uns, wir wurden abgeregnet, trockneten wieder und konnten am Abend vom schützenden Hotel aus zusehen, wie sich ein riesiges Gewitter am Atlas zusammenbraute und abregnete.
Am nächsten Morgen waren die Berge Wolkenverhangen und wir sorgten uns über den Zustand der Wege nach dem gestrigen Regen. Wie sich später herausstellen sollte nicht zu unrecht. Erst ging es über schöne Schotterstrassen mit spektakulärer Kulisse. Immer wieder hielten uns Berberkinder an und versuchten Essen oder Zigaretten zu erbettelten. Dann setzten plötzlich schlammige Passagen ein. Während wir die ersten meisterten, scheiterte die Afrika Twin von Micha mit ihrem tief liegenden vorderen Schutzblech. Aber auch als wir dieses entfernt hatten, hielt sie die Spur nicht. Hilfe kam in Form von 2 Offraod Fahrzeugen die Michas Gepäck einluden und uns den Rest des Tages begleiteten. Immer wieder hofften wir auf bessere Pisten, um dann erneut die Strasse im Flussbett zu suchen, unzählige male zu furten und Schlammlöcher zu passieren. Irgendwann setzte die Nacht ein und unsere Hoffnung Imilchil noch bei Tageslicht zu erreichen erfüllte sich nicht. Dabei passierten wir noch im stockdunklen einen 2700 m hohen Pass und zogen die havarierte AT mit Spanngurten aus dem Sumpfland neben der Strasse. Als wir gegen 21:00 vollkommen verdreckt und abgekämpft in Imilchil ankamen wurden wir im Hotel Kasbah Adrar freundlich aufgenommen und köstlich verpflegt.
Die zweite lange Etappe durch den Atlas sollte laut unseren Informationen ein Kinderspiel werden. Schon nach kurzer Zeit, so wurde uns erzählt, sei die Straße geteert. Nach kurzen Preisverhandlungen bekamen wir den letzten Sprit des Ortes aus dem Fass und furhen Richtung Dades Schlucht. Von kleinen Navigationsfehlern abgesehen kamen wir gut voran. Nur, es ging wider erwarten immer höher hinauf – und von Teer keine Spur! Die Landschaft um uns herum war traumhaft und wir waren fast ganz allein. Wir querten Pässe, kämpften an Steigungen, legten aber im Gegensatz zu gestern die Motorräder nicht ab. In 2900m Höhe trafen wir eine Gruppe Franzosen die ebenfalls ihre Enduros durch den Atlas scheuchten. Danach begann die Abfahrt in das beieindruckende Dra Tal. Der Fluss schnitt sich ein tiefes, schluchtähnlichees Tal in die Berge. In diesem sieht man von oben die fruchtbaren Äcker und kleinen Dörfer.
Auf unserem weiteren Weg zur Todra Schlucht nahmen wir den steigenden Reichtum wahr. Unmerklich veränderte sich der Baustil. Die Häuser waren irgendwann aus Poroton anstelle von Lehm erbaut und farbig gestrichen. Die Damenwelt zeigte den erworbenen Wohlstand herausgeputzt mit Tracht und Schmuck. Die Gegend wurde immer touristischer und fand in der Todra Schlucht ihren Höhepunkt. Die weitere Fahrt nach Merzouga, an den Rand der Sahara, war wenig anspruchsvoll. Dafür hatten wir einige nette Gespräche mit unaufdringlichen Schleppern, die uns nach einiger Zeit für irgendwelche Hotels begeistern wollten. Dafür begannen unsere Augen zu leuchten als die Wüste begann und bald darauf der Sand in Sichtweite kam. Im allseits bekannten Hotel Ksar Sania fanden wir eine teure aber nette Unterkunft. Da das Hotel von vielen Wüstenreisenden genutzt wird, findet man hier immer Gesprächspartner zum Erfahrungsaustausch bei einem Gläschen Wein oder Bier.
Erg Chebi – wer kennt diesen magischen Namen nicht von der Paris – Dakar oder anderen Rallies? Ein Traumgebiet für den der im Sandkasten spielen will, aber genauso auch für denjenigen, der das Sandgebiet im leichten Sand und Schotter umrundet. Wir entschieden uns für die zweite Variante die viele Reize bietet. Ein Abstecher zum Fossiliengebiet war natürlich auch Pflicht. Leider stürzte Micha im Sand einmal etwas unglücklich und brach sich eine Rippe. Damit waren wir für die weitere Reise in unserer Streckenwahl eingeschränkt und mussten auf die Wüstenquerung entlang der Algerischen Grenze nach Mhamid verzichten. Dafür konnten wir das Dra Tal bewundern mit seinen Millionen Dattelbäumen, den schönen Dörfern und tollen Schutzburgen.
In Zagora blieben wir 2 Tage zu ausspannen und genossen die Zeit lesend und faulenzend unter Palmen. Aus einem der Internetcafes versandten wir elektronische Postkarten und vertrödelten unsere Zeit Tee trinkend in Strassencafes. Auch die ursprünglich angedachte Piste nach Foum-Zgouid konnten wir aufgrund von Michas Schmerzen nicht nehmen. Micha ertrug seine Schmerzen ohnehin heldenhaft, auch die Schotterpassagen die sich bislang ungeplant ergeben hatten ertrug er ohne zu murren.
Die Strecke führte uns weiter nach Ait Benhaddou, einem Ort nahe Quarzazate. Los ging es erst durch das fruchtbare Dra Tal bis Agdz und weiter Richtung Agadir. Die in der Karte als Piste verzeichnete Strecke erwies sich überwiegend als geteert. Marokko unterhält ein großes Strassenbauprogramm um die entlegeneren Provinzen näher anzubinden. Dies verspürten wir übrigen schon das erste mal im Gebiet des Erg Chebi, als wir eine ausgebaute Straße von Risani her sahen. Diese ist aus rein touristischen Gründen angelegt.
Zurück zur Tagesetappe. Die Strasse endete gelegentlich und es bedurfte unseres Navigationsgeschicks den richtigen Weg zu entdecken. Angekommen in Ait Benhaddou besuchten wir den verlassenen Ksar, eine riesige Festungsanlage, in der auch heute noch vereinzelt Ziegen gehalten oder Läden unterhalten werden. Eine angenehme Unterkunft war rasch gefunden. Während Kamal, unser Wirt, Tee servierte, trainierte Micha den Sprössling des Hauses im Tor – sein Idol war Toni Schuhmacher. Am Abend wurde uns der beste Couscous den man sich vorstellen kann aufgetischt. Kamal setzte sich nach dem opulenten Mahl zu uns, wobei er uns mit kindlicher Neugier ein Loch in den Bauch fragte. Es war ein wunderschöner Abend!
Micha hatte sich in den Kopf gesetzt die Piste von Aid Behaddou zum Tizi-n-Tizka Pass trotz seines Handicaps zu fahren. Mit unserem Gepäck erwies sich diese als nicht ungefährlich und technisch anspruchsvoll. Landschaftlich ist sie extrem reizvoll und absolut empfehlenswert. Am Pass wurde es empfindlich kalt und wir waren froh um unsere Griffheizungen. Die Passstrasse wurde in aufregender Streckenführung in die Berge gebaut. Und dann der Kontrast als wir aus der Ruhe und Abgeschiedenheit der letzten Tage nach Marrakesch kamen. Hier pulste das Leben und laufend versuchten uns zudringliche Schlepper „ihr“ Hotel schmackhaft zu machen. Doch wir hatten bereits eine Empfehlung der wir nachkommen wollten. Rasch war das Hotel direkt am Djema el Fna, dem zentralen Platz gefunden und die Motorräder im angrenzenden bewachten Parkplatz untergebracht.
Die umliegenden Soukhs fesselten uns bald für Stunden. Sie sind von ziviler Polizei überwacht, die auch dafür sorge trugen, daß wir uns frei und unbehelligt von zudringlichen Händlern bewegen konnten. Unsere frisch erworbenen Feilschkünste wurde auf den Prüfstein gestellt, doch im Zusammenspiel zu zweit konnten wir uns ganz gut behaupten. Der Djema el Fna wird mit einbrechender Dunkelheit zum pulsierenden Zentrum des Lebens. Händler jeder Couleur tauchen auf, Geschichtenerzähler und Musiker sorgen für Unterhaltung. Für das leibliche Wohl ist bestens gesorgt, es gibt ein Variantenreiches Angebot. Wer hier den Abend verbracht hat versteht, warum dieser Platz als Unesco Weltkulturerbe geschützt wird.
Auch die Umgegend von Marrakesch lädt zu Tagestouren ein. Mit dem 1928 von den Franzosen eröffneten Tizi-n-Test wurde der Süden leichter erreich- und kontrollierbar. Diese Strasse bietet aufregende Kulissen und verträumte Örtchen.
Von Marrakesch an ging es Zug um Zug zurück Richtung Nador. Die nächste Etappe führte entlang des Atlas Nordrands Richtung Khenifra. Ein Abstecher zu den Cascades Ouzoud bietet sich an und die weiterführende Strecke schlängelte sich ab Azila über gut ausgebaute kurvenreiche Strassen bis auf 2000m! Die Suche nach einem Campingplatz scheiterte in Beni Melal daran, daß dieser nicht mehr existierte. So ging es weiter nach Khenifra wo wir mit Hilfe der Polizei ein kostengünstiges Hotel fanden und den Abend auf dem Sonntagsmarkt zubrachten. Kein Tourismus prägte diesen, jeder Preis war verhandelbar und alles spottbillig.
Die Strecke führte uns weiter nach Fes wo wir eine zweite Königsstadt besuchten. Zwischendrin lag ein verwunderliches Örtchen:. Ifrane. Es wimmelte von berittener Polizei, es gab Reihenhaussiedlungen europäischer Prägung, alles war super schmuck und sauber. Fast alle Häuser waren abgesperrt. In Ifrane haben die die Reichen aus Fes ihre Sommer- und Winterresidenzen. Ein Hotel war rasch gefunden. Auch wenn es mit 130DH ziemlich teuer war, so gönnten wir uns den Luxus eines Hotels mit Pool und Ausschanklizenz. Der Soukh von Fes ist berauschend in seiner unübersichtlichkeit, dem Angebot und es bedarf einiger Zeit sich zurecht zu finden. Am Abend hatten wir das Glück einem Live Konzert einer großen Folkband zuhören zu dürfen. Das Konzert stellte einen krönenden Abschluss dar, bevor wir uns am Nachfolgenden Tag zur letzten Etappe aufmachten um mit der Fähre von Nador nach Almeria zurückzufahren.
Marokko war eine super Erfahrung. Hierher werde ich wieder kommen. Die Pisten des Südens warten noch auf mich – bis auf ein baldiges Wiedersehen!